Das geht doch auch viel billiger...
...so, oder so ähnlich denkt fast jeder, der sich ernsthaft mit dem Thema Rassekatzenkauf beschäftigt irgendwann einmal.
Denn der Großteil der Bevölkerung muss heutzutage auf das Geld achten, und da können ein paar hundert Euro „mal ebenso“ ganz schön weh tun...

Die Angebote sind aber auch verlockend.
In jedem Supermarkt hängen Anzeigen am schwarzen Brett, in Zeitungen wird man von Angeboten erschlagen, und das Internet brauche ich wohl erst gar nicht zu erwähnen.
Die Katzen dieser sog. Vermehrer oder Schwarzzüchter (d.h. Menschen, die Katzenbabys „produzieren“ ohne einem Verein angeschlossen zu sein, deren Kitten dementsprechend keinen Stammbaum bekommen, und die nicht selten Rassemixe „züchten“) kosten meist kaum die Hälfte der Preise von „richtigen“, einem Verein angeschlossenen Züchter, und die Argumente dieser Menschen sind auf den ersten Blick auch wirklich überzeugend und für den Laien kaum zu widerlegen.
Einige dieser Argumente möchte ich hier nun im folgenden auflisten.

1. Die Katzen haben keinen teuren Stammbaum
Einen Stammbaum vom Verein ausstellen zu lassen, kostet den Züchter pro Tier etwa 20 Euro. Daher kann dieser wohl kaum für den eklatanten Preisunterschied verantwortlich sein.
Aber, man muss in einem Verein Mitglied sein, um Stammbäume beantragen zu können, und das zieht nicht nur Zuchtrichtlinien zum Schutz der Tiere nach sich, sondern setzt auch voraus, das man reinrassige und zur Zucht zugelassene Elterntiere hat.
2. Die Kitten werden eher abgegeben
(teilweise mit 6 Wochen), und so entstehen weniger Futterkosten.
Das stimmt! Kitten können einem buchstäblich die Haare vom Kopf fressen, aber mit 8-12 Wochen sind Katzenkinder in einer sehr wichtigen Sozialisierungsphase, in der sie andere Katzen, Ihre Geschwister, aber vor allem Ihre Mutter um sich brauchen.
Ein zu früher Verlust der Mutter- Kätzin (auch wenn die Kitten zu zweit oder in eine bestehende Katzengruppe ziehen) kann später zu schweren Verhaltensstörungen führen. Ein verantwortungsvoller Züchter trennt kein Katzenkind in dieser Zeit von seiner Mutter und nimmt die höheren Futterkosten dafür gern in Kauf.
3. Die Kitten erhalten keine Impfungen
Und häufig nicht einmal Wurmkuren. Die Begründung dafür ist meist, dass dies bei Hauskatzen nicht nötig sein.
Aber die schwersten, meist tödlich Verlaufenden Krankheiten Katzenschnupfen und Katzenseuche kann jeder Besitzer seinem Liebling an der Kleidung (Schuhe, Hose, Hände etc.) von draußen mit in die Wohnung bringen. Dasselbe gilt für Würmer, die auch über Futter, Fliegen etc. zur Katze gebracht werden können. In Studien wurde mittlerweile bewiesen, das reine Wohnungskatzen genauso häufig von Würmern befallen sind, wie Freigänger.
4. Man erspart seinen Katzen teure Ausstellungen
Nicht jede Katze lässt sich gern ausstellen. Und in diesem Fall verzichtet ein verantwortungsvoller Züchter auch darauf, sein Tier dem Publikum zu zeigen, und sei es noch so schön. Das Wohlbefinden des Tieres sollte immer über dem eigenen Geltungsdrang stehen. Aber es gibt auch durchaus Tiere, denen Ausstellungen nichts aus machen, und die den Tag im Käfig einfach verschlafen.
Ich kenne keinen Verein, der seine Mitglieder zu Ausstellungen verpflichtet. Einige verlangen lediglich, dass eine Katze die in der Zucht eingesetzt werden soll wenigstens einmal einem Richter vorgestellt wird, und eine bestimmt Bewertung erhält.
5. Vereine sind teuer
Vereinsbeiträge liegen im Schnitt bei etwa 100 Euro jährlich. Dazu kommen bei Aufnahme noch einmalige Kosten.
Dem Züchter werden vom Verein Bestimmungen auferlegt, die vor allem dem Schutz der Zuchttiere und des Nachwuchses dienen. Beispielsweise ist dort festgelegt, wie oft eine Katze Jungtiere bekommen darf, oder wie die Zuchttiere gehalten werden müssen.
Jedem Tierliebhaber sollte es wichtig sein, das Lebewesen nicht ausgebeutet werden dürfen, und nur eine Mutterkatze, die Zeit hat, sich zwischen den Würfen zu erholen, hat genug Kraft, gesunde Jungtiere aufzuziehen.
6. Man gibt kein Geld für unnötige Gentests aus
Gentests und Herzultraschall unwichtig?
Auf gar keinen Fall!
GSD4 und HCM z.B. sind zwei schwere Krankheiten, deren Vorkommen es heißt nach Möglichkeit zu verhindern, und dafür sind Vorsorgeuntersuchungen unbedingt nötig!
GSD4 ist eine Glykogen Speicherkrankheit, die wenn sie reinerbig vorliegt, sehr schnell zum Tode eines Kitten führen kann. Bisher gibt es sie nur bei den Norwegischen Waldkatzen, und durch sorgfältige Tests wäre es möglich, diese Krankheit wieder völlig „auszurotten“.
Die Ursache für GSD4 ist ausschließlich genetisch, und es gibt einen einfachen und sicheren Test.
Liegt der Defekt mischerbig vor, zeigt das Tier keinerlei Symptome, wird niemals erkranken, kann den Defekt jedoch an Nachkommen weitergeben. Wird es mit einem weiteren Trägertier verpaart, können gesunde Kitten, wieder Trägertiere oder auch reinerbige Kitten fallen. Diese reinerbigen Kitten haben keine Überlebenschance.
Ein Risiko welches sich durch einen „unnötigen Gentest“ ausschließen lässt. Sind nämlich beide Elterntiere mittels Gentest negativ, kann keines Ihrer Kitten diese Krankheit bekommen.
Informationen über GSD4 gibt es hier: http://gsd4.de.vu/
Außerdem gibt es z.B. die HCM (HypertropheCardio- Myopathie), eine sehr schwere Herzerkrankung.
Es handelt sich um eine Verdickung des Herzmuskels, die je nach Ausprägung und Schweregrad keine besonders gute Prognose hat. Die Ursachen für diese Erkrankung sind vielfältig, jedoch gibt es eine genetische Komponente.
Um diese weitgehend ausschließen zu können, sind für Zuchttiere regelmäßige Ultraschalluntersuchungen notwendig, die von einem Spezialisten durchgeführt werden müssen, und die nichts für den kleinen Geldbeutel sind.
Ein verantwortungsvoller Züchter kennt nicht nur seine Linien, und somit die Verwandtschaft seiner Tiere, er wird auch zu deren Wohl und dem der Nachkommen in „den sauren Apfel beißen“, und diese kostspieligen Tests durchführen lassen.
Der Gentest auf HCM, der für verschiedene Rassen angeboten wird, hat leider keine zufriedenstellende Aussagekraft.
Informationen über HCM gibt es hier: http://www.hcm-forum.de/forum/index.php

7. Züchter wollen Geld verdienen
Klar, Rassekitten sind teuer!
Und erzählen das von dem Geld nichts übrig bleibt kann ja jeder (Züchter), aber wenn man sich einmal die Mühe macht nachzurechnen, vergeht einem schnell die Lust, mit Katzenzucht das große Geld zu verdienen. Ein guter und verantwortungsvoller Züchter kann von Glück reden, wenn er durch den Verkauf der Kitten seine Kosten gedeckt hat:
Deckgebühren, Anschaffung gesunder Zuchtkatzen, gutes und hochwertiges Futter, Gesundheit und Gesunderhaltung von Eltern und Kitten... das alles gibt es nicht zum Dumpingpreis.
Ganz abgesehen davon, dass es immer, gerade aber bei Schwangerschaft und Geburt zu Komplikationen kommen kann, deren Therapie schnell mehrere hundert Euro kostet.

Außerdem
Sie zahlen Geld für eine Rassekatze!
Ohne Stammbaum gibt Ihnen aber niemand die Garantie, dass es sich wirklich um ein reinrassiges Tier handelt.
Ich selbst hatte für meinen Kater im Anschluss an eine Ausstellung bereits eine „nette“ Deck- Anfrage, in der mich eine Maine-Coon-Verehrerin darum „bat“, ihr meinen Norweger zur Verfügung zu stellen. Er wäre so schön, und dass die Kitten nicht reinrassig sind würde ohnehin niemand merken.
Das ich dieses „Angebot“ freundlich abgelehnt habe, sei hier nur am Rande erwähnt.

Es mag Ausnahmen in der „Vermehrerriege“ geben, aber in der Regel kann man Kittenkäufern nur folgendes mit auf den Weg geben: „Wer billig kauft, zahlt hinterher drauf“

Im Übrigen haben wir in unserem Züchterteam liebe Menschen gefunden, die bis heute bei Fragen immer für uns da sind, ganz abgesehen von hervorragend sozialisierten und gesunden Tieren.

Wer das Geld für Rassekatzen nicht ausgeben kann, oder möchte, sollte zum Tierheim gehen, und den „Opfern“ dieser verantwortungslosen Schwarzzüchter ein zu Hause geben.
Kitten vom Vermehrer zu kaufen, sei es aus Kostengründen oder aus Mitleid sorgt nur für noch größere Kittenfluten, denn solange sich der Nachwuchs verkaufen lässt, wird neuer „produziert“...

Ich möchte niemandem sein Traumkätzchen ausreden, aber gerade wenn man sich verliebt, und ein Katzenbaby aufnimmt, möchte man doch, dass es so gesund ist, das es noch ein langes und gesundes Katzenleben vor sich hat...